Mandeln sind heute alltäglich, man rührt sie morgens ins Müsli und knabbert sie abends in der Bar zum Cocktail. Und was wäre Weihnachten ohne gebrannte Mandeln, Makronen, und die vielen mit Mandeln dekorierten Gebäcke? Ohne Marzipan würde man viel seltener an Lübeck denken, ist die Stadt doch das deutsche Mekka dieses Haremskonfekts, wie Thomas Mann es nannte.
Im Mittelalter waren Mandeln noch die schönen und sehr teuren Exoten aus dem fernen Morgenland, der Kaviar unter den Nüssen und Kernen. Zur Haute Cuisine zählten Mandelbrei und Marzipan, und in der mittelalterlichen Küche war die Mandelmilch die Allzweckwaffe zur Veredelung unzähliger Speisen.
Rezepte für Suppen, Fleisch- und Fischgerichte bis hin zu Desserts und Getränken: die Mandel ist nicht nur nahrhaft sondern auch vielseitig. Und die Geschichte europäischer Mandelrezepte ist gelegentlich kurios.
Teil IV
Cocktails & Knabbereien
Mit dem Geschmack von Anis und Mandel ist La Mauresque („die Maurin“) ein exotischer Aperitif, der in und rund um Marseille sehr beliebt ist. Die Kriminalromane der Marseille-Trilogie von Jean-Claude Izzo haben das Getränk auch international bekannt gemacht.
La Mauresque
Ein Teil Mandelsirup wird mit ein bis drei Teilen Pastis (im 18. Jahrhundert noch mit Absinth) in ein Glas über Eiswürfel gegeben und mit Wasser nach Geschmack aufgegossen.
Einer der bekanntesten Cocktails mit Mandelaroma ist der Mai Tai. Dem „Jahrhundert Mixbuch“ von Peter Roth und Carlo Bernasconi lässt sich folgendes Rezept entnehmen.
Mai Tai
3 cl weißer Rum, 2 cl brauner Rum, 1 cl Curaçao Triple sec, 1,5 cl Mandelsirup und 1,5 cl Limettensaft im Shaker zusammen mit 3-4 Eiswürfeln schütteln. 2-3 EL zerstoßenes in einen Tumbler füllen. Den Drink durch das Barsieb in den Tumbler seihen. Den Glasrand mir 1 Stück Ananas, 1 Pfefferminzzweig und 1 Cocktailkirsche dekorieren.
Bill Kelly schreibt in seinem Buch „The Rowing Bartender folgendes Rezept:
Mai Tai (1946)
1 Jigger weißer Rum, 1 Jigger goldener Rum, 1 Jigger brauner Rum, Saft einer Limette, 1 Spritzer Orgeatsirup, 1 Spritzer Kandiszuckersirup, 1 Spritzer Orange Curaçao. Gebe eine halbe Limettenschale mit den Zutaten in ein großes Old-Fashion-Glas (Tumbler), fülle es mit geschabtem Eis auf, garniere es mit 1 Minzzweig, 1 Stück Zuckerrohr, 1 Stück Ananas, 1 Vanda Orchideenblüte und zwei Strohhalmen.
Ein Jigger entspricht ungefähr 44 ml.
Wer Orgeat nicht kaufen möchte, kann für die drei vorgenannten Cocktails den Orgeat-Sirup von Wilhelmine Rührig zubereiten und verwenden. Bekannter als Orgeat ist der Likör Amaretto, mit seinem typischen Bittermandelgeschmack. Nur sind nicht in jedem Amaretto auch Mandeln drin. Meist wird aus Aprikosenkernen gewonnenes, sogenanntes Bittermandelöl bei der Herstellung verwendet.
Amaretto lässt sich beim Kochen und Backen einsetzen. Ein Beispiel ist Tiramisu mit den mit Amaretto eingeweichten Löffelkeksen. Wenn nicht pur getrunken, kann Amaretto auch für Cocktails eingesetzt werden. In der Cocktail-Bibel „American Bar“ des bekannten Münchener Barkeepers Charles Schumann findet sich das folgende Rezept:
Amaretto Sour
2 cl Zitronensaft, 2 cl Orangensaft und 2 cl Amaretto im Shaker auf Eiswürfeln kräftig schütteln, in ein Sourglas abseihen und eine Stielkirsche dazugeben.
Schumann empfindet eigentlich bei der Zubereitung eines Sours die Zugabe von Orangensaft als unnötig. Ein Sour besteht in der Regel nur aus frischgepresstem Zitronensaft, Zucker und namens- und geschmacksgebender Spirituose. Dennoch gibt er dem Amaretto Sour Orangensaft mit; eine klassische Aromapaarung, die bereits beim Laban al Loz zu finden ist.
Was wäre eine Bar ohne die kleinen Schälchen mit Knabbereien? Diese kleinen Schälchen auf dem Bartresen bewahren die Gäste davor, gänzlich dem Alkohol ausgeliefert zu sein. Nobler als die weit verbreiteten, weil günstigen und stark Durst machenden, gerösteten Erdnüsse, sind mit ganzem oder halben Mandelkernen gefüllte grüne Oliven, oder die nicht weniger Durst machenden gerösteten Salz- oder Rauchmandeln.
Für die Herstellung von Oliven mit Mandelkernen braucht man etwas Geduld: Grüne Oliven müssen einzeln entsteint und je nach Größe der Oliven mit ganzen oder halben Mandelkernen ohne Haut gefüllt werden. Wer sich die Mühe macht, wird bei sorgfältig ausgewählten Oliven und Mandeln, die man zuvor auch rösten und nach Belieben würzen kann, mit knackigerer Konsistenz und intensiverem Geschmack belohnt, als bei der gekauften Dosenware.
Salzmandeln lassen sich dagegen einfach herstellen. Es gibt mehrere Varianten; zum einen die gerösteten enthäutete Mandeln mit oder ohne Eiweiß, wie die zwei folgenden Rezepte zeigen:
Salzmandeln (Amandes salées)
Frisch geschälte Mandeln in einem Tuch gut abtrocknen. Eiweiß leicht durchschlagen, die Mandeln damit anfeuchten, auf ein starkes, etwas hohles Blech geben, mit feinem Salz bestreuen, etwas durchschütteln und in den schwach geheizten Ofen stellen usn, sobald sie anfangen sich zu verfärben, gut durchmischen. Sie sollten nur hellgelb sein. [Henri-Paul Pellaprat]
Für 400g Mandeln reichen ein Eiweiß und ½ bis 1 TL Salz.
Salzmandeln ohne Eiweiß
Für Salzmandeln ohne Eiweiß 200g Mandeln mit oder ohne 1 EL Öl in der Pfanne unter ständigem Wenden rösten und dann mit einer starken Salzlauge aus 125 ml Wasser und 1-2 TL Salz über die Mandeln gießen. Vorsicht vor Verbrühungen, da dabei viel heißer Dampf entsteht. Rühren bis das Wasser komplett verdampft ist und sich auf den Mandeln eine weiße Salzschicht abgelagert hat. Vom Herd nehmen und gegebenenfalls im Ofen bei geringer Hitze vollständig trocknen lassen.
Man kann die Mandeln auch mit der braunen Schale rösten.
Geröstete Mandeln oder Rauchmandeln
200g Mandeln in ein Haarsieb geben und unter laufendem Wasser befeuchten. Leicht abtropfen lassen und in einer Schüssel mit 1 TL feinen Salz vermengen und 20min einziehen lassen. Die Mandeln in eine sehr heiße Pfanne mit hohem Rand geben und unter ständigem Rühren 10min rösten. Die Herdplatte ausstellen und 5min weiter rühren und danach vollständig abkühlen lassen. Wenn anstelle des Salzes Rauchsalz verwendet wird, also mit Raucharoma zugesetztem Salz, entstehen die derzeit so beliebten köstlichen Rauchmandeln.
Es lassen sich auch andere Gewürze wie Chili oder Kräuter wie Rosmarin hinzufügen. Die meisten Gewürze sollten aber am Ende des Röstens zugeben werden, weil sie sonst verbrennen und bitter werden können.
Seltener zu Cocktails sondern eher zu großen Bieren oder Glühwein knabbert man karamellisierte Mandeln, denn was wäre ein Jahrmarkt oder Weihnachtsmarkt ohne gebrannte Mandeln?
Geröstete Zuckermandeln
Man nimmt zu 1/2 Kilo (1 Pd.) ungeschälten Mandeln 375 Gramm (24 Loth) fein gestoßenen Zucker, 16 Gramm (1 Loth) gestoßenen Zimmt, ein Weinglas frisches Brunnen- oder Rosenwasser, dies alls wird in eine Pfanne gethan und geröstet. Wenn die Mandeln Glanz bekommen und zu trocknen scheinen, schüttet man sie auf ein Blech und läßt sie völlig abtrocknen.
Die Zubereitung, wie sie Wilhemine Rührig in dem vorstehenden Rezept beschreibt, hat sich seit dem Mittelalter kaum verändert. Zimt und Vanille sind die klassischen Aromen, die den Gebrannten Mandeln zugesetzt werden. Unzählige Varianten mit gemahlen Gewürzen und Kräutern sind möglich, das Wasser lässt sich durch Säfte oder alkoholische Getränke ersetzen. Der mittlerweile eine Institution zu nennende Gebrannt-Mandel-Stand von Monika Eiserloh und ihrer Familie auf dem Frankfurter Weihnachtsmarkt bietet Mandeln mit über 50 verschiedenen Geschmacksrichtungen an. Hinzu kommt eine Gebrannte Mandel des Tages, deren Geschmackrepertoire von Kirsche und Rosmarin bis Leberwurst vieles, auch vermeintlich unmögliches umfassen kann.

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